Neben der seligen Beatrix von Engelport verdient die Meisterin Margaretha Cratz
von Scharffenstein besonders hervorgehoben zu werden. Sie war um 1430 als Tochter
des Heinrich Cratz von Scharffenstein und der Irmgard von Metzenhausen geboren
und im Jahre 1450 zur Meisterin erwählt worden. Als sie am 17. Dezember 1532 über
hundertjährig starb, hatte sie 82 Jahre lang die geistlichen und weltlichen
Geschicke Engelports gelenkt und beeinflußt. Während dieser Zeit hatte sich der
Klosterbesitz um ein Drittel vermehrt.
Neben einem vorbildlichen Lebenswandel wird ihr auch Wundertätigkeit nachgesagt.
In ganz besonderer Weise hat sie sich um die Verpflegung der Armen aus der ganzen
Umgebung gesorgt, und an bestimmten Tagen erhielten zwei bis dreihundert Notleidende
Speisung und Almosen. Am Gründonnerstag des Jahres 1531 (6. April) waren es sogar
525 Menschen, die auf Geheiß der gütigen Meisterin versorgt wurden. Diese große Zahl
Hilfesuchender ist sicherlich auf die Hungersnot im Vorjahr zurückzuführen, denn
vermutlich hatte sich herumgesprochen, was sich 1530 zugetragen haben soll:
Die Vorräte des Klosters gingen wie überall in der Gegend zur Neige und auch hier
drohte eine Hungersnot. Als der betagten Meisterin mitgeteilt wurde, Getreide und
Früchte seien bald aufgebraucht, ließ sie alles an Früchten zusammensuchen und
wollte den Armen keinesfalls etwas abziehen. In ihrem großen Gottvertrauen war
sie davon überzeugt, dass es nicht an den notwendigsten Nahrungsmitteln mangeln
werde. Schließlich ließ sie sich dazu bewegen, die Vorratsspeicher selbst in
Augenschein zu nehmen. Als sie nun zusammen mit einigen Jungfrauen den Speicher
betrat, füllte sich dieser wieder auf wunderbare Weise mit Vorräten.
Der vorzügliche Lebenswandel und die große Hilfsbereitschaft der Oberin sprachen sich
weit herum. So wurden ihre besonderen Verdienste noch kurz vor ihrem Tode gewürdigt
und am 18. Juli 1532 wurde sie auf dem Landtag zu Trier vom kurtrierischen
Kommissar belobigt.
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