Das Vorhaben, Missionare auszubilden, bedurfte einer Rechtsform, die am 23.07.1903 durch die Gründung der »Gesellschaft zur Förderung Kolonisatorischer Bestrebungen - Gesellschaft mit beschränkter Haftung« gefunden wurde. Ihr Geschäftsführer war P. Simon Scharsch, sein Vertreter P. Joseph Hauersperger. Weitere Mitglieder waren P. August Münster, P. Johann Dröder, Br. Otto Goebel aus Fulda und der Weinhändler Joseph Schmitt aus Fulda. Damit konnte eine der Aufgaben, nämlich die Ausbildung von Missionaren, begonnen und »die mit den nötigen Eigenschaften des Ordensmannes und des Kulturpioniers begabten jungen Leute als Kolonisten und Handwerker ausgebildet werden, um später mit den hier erworbenen Kenntnissen in den überseeischen Gebieten an der Verbreitung christlicher Kultur und deutschen Wesens in wirksamer Weise mitarbeiten zu können«. So schickte der Generalobere am 11.06.1903 die Urkunde zur Eröffnung eines Noviziates für Laien-Brüder, und am 08.09. wurde P. Hauersperger zum Novizenmeister ernannt. Einen Monat später, am 03.10., erfolgte die Einkleidung der ersten Novizen, nämlich der Brüder Wilhelm Clesius und Friedrich Wilhelm Jacoby, wobei letzterer später krank entlassen wurde.

Am 19.09.1903 wurden die 30 im Grundbuch Fankel noch auf P. Scharsch eingetragenen Grundstücke auf die Gesellschaft übertragen und am 20.10. folgte die Übertragung der auf Mörsdorfer Bann liegenden Grundstücke. 1906 wäre die Kolonialschule fast von Engelport nach Metz verlegt worden. Dort hatte man den Oblaten nämlich für 500.000 Mark das Gut St. Georgens mit 180 ha Ackerland und 8 ha Weinbergen angeboten. Außerdem lagerten dort 200 Fuder Wein im Keller. Der Provinzrat beschloss jedoch, Kolonialschule und Brüdernoviziat in Engelport zu belassen.

In den Jahren 1907 bis 1909 entfachte die preußische Kolonialpolitik einen Konflikt, den der Reichskanzler Bernhard Fürst von Bülow (1900-1909) schon 1906 abzuwenden versucht hatte. Er ernannte den Bankier Dernburg zum Kolonialdirektor, der gegen Kolonialgräuel und Missstände in der Verwaltung vorgehen wollte. Dies fand unter anderem Ausdruck in einer ausgedehnten Reise (August bis Oktober 1907) nach Deutsch-Ostafrika und angrenzende Gebiete. Letztendlich führten die Differenzen mit der Zentrumspartei hinsichtlich der Kolonialpolitik 1907 sogar zur Auflösung des Reichstages.

Auch für Engelport hatte der Konflikt Folgen. Zugleich mit dem Antrag auf eine neue Niederlassung hatte man auch beim Kolonialamt in Berlin analog zu Witzenhausen eine finanzielle Unterstützung beantragt. Bisher hatte die preußische Regierung die Kolonial-Missionsschule auch tatsächlich von Beginn an mit jährlich 10.000 M unterstützt, ohne in der Anfangszeit die Verwendung zu kontrollieren. »Der Posten ging Dank dem Einfluß des Referenten glatt durch, sozusagen unbemerkt als Kleinigkeit mit anderen Kleinigkeiten im großen Budget«. Diesen Umstand – das muss hier der Ehrlichkeit halber angebracht werden – nutzten die Oblaten aus; denn die offizielle Zielsetzung unterschied sich ja von der internen. Nur offiziell war Engelport Kolonialschule, intern aber sollte es drei anderen Zwecken dienen: »1. hauptsächlich Brüderkloster, 2. Exerzitienhaus für Geistliche und Laien und 3. Exerzitienhaus für die Jahresexerzitien der deutschen Patres«.

Als sich 1907 jedoch die Zusammensetzung der Budgetkommission änderte, wurden einige Abgeordnete plötzlich neugierig und hakten nach. Da der Posten noch immer unter dem Titel »Kolonial-Missionsschule Hünfeld« geführt wurde, fragte ein Kritiker bei der Polizeibehörde in Hünfeld nach und erhielt zur Antwort, dass eine solche Schule nicht existiere. Das hatte entsprechend kritische Zeitungsberichte zur Folge. Nachdem die Oblaten am 20.04. durch ein Telegramm der Zentrumspartei informiert worden waren, musste schnell gehandelt werden. Da sich der Provinzial P. Watterot auf Reisen befand, nahm P. Huss in Hünfeld die Angelegenheit in die Hand. Es wurde beschlossen, dass P. Hauersperger am nächsten Tag nach Hünfeld reiste, um sich mit Huss und dem MdR Müller in Fulda zu besprechen. Schon am Montagabend trug er dann in Berlin den Abgeordneten Erzberger und Kalkhoff den Sachverhalt vor, denn tags darauf sollte um zehn Uhr die Budgetkommission tagen. Beide stellten ihm »die besten Hoffnungen auf Erfolg in Aussicht«. Tatsächlich erhielt Hauersperger um 13:00 Uhr einen positiven Bescheid. Auch im Plenum sei mit der Bewilligung zu rechnen. Der Provinzrat hatte sich zwischenzeitlich in Köln in St. Michael versammelt und vergeblich bis zum Nachmittag auf eine Nachricht aus Berlin gewartet. Schließlich reisten die Mitglieder ab, da sie der Ansicht waren: »Es geht sicher alles gut«.

Und es ging auch alles relativ glimpflich ab. Eine Änderung ergab sich allerdings gegenüber der bisherigen Situation. Nach einer lebhaften Reichstagsdebatte wurde statt der bisherigen Pauschale nur noch ein Zuschuss von 300 M pro Kopf gewährt. So kam man künftig bei 20 bis 22 Auszubildenden auf 6.000 bis 6.600 M. Entsprechend dem Wunsch einiger Zentrumsabgeordneter hatten Provinz- und Generalrat schon ihre Zustimmung zur Aufnahme von fremden Laien – also nicht Ordensmitglieder – an die Missionsschule in Engelport gegeben. Wegen der unsicheren Zukunft und unter dem Eindruck der jüngsten Probleme ließ man diesen Plan 1907 aber wieder fallen.

Als weitere Konsequenz ergab sich am 23.08.1907 der Besuch eines Vertreters des Staatssekretärs im Reichskolonialamt Dernburg, da er selbst auf einer längeren Reise durch die Kolonien war. Stattdessen kam Dr. Conze, der Direktor des Reichskolonialamtes. Dieser, ein Protestant, kam ausgerechnet an einem Freitag. Da ihn die Oblaten trotzdem gebührend bewirten wollten, erwirkten sie von Trier die Erlaubnis zum Fleischgenuss. Das eigentliche Problem lag jedoch ganz woanders. »Die Wirksamkeit der Kolonialschule beschränkte sich bis dahin auf die Einnahme der Unterstützung und einen alljährlich von P. Hauersperger abgefaßten Schulbericht an das Kolonialamt. Es mußte unbedingt etwas gezeigt werden. Dazu richtete P. Hauersperger einen Hörsaal ... ein. Ein Regal mit Kolonialbüchern und sonstigen zur allgemeinen und besonderen Ausbildung gehörigen Werken. Ein Tisch mit den verschiedensten Zeichnungen.«

So gewappnet, konnte die Besichtigung also durchgeführt werden. Dr. Conze inspizierte alles sehr gründlich und hinterließ einen guten Eindruck. Aber auch er nahm einen guten Eindruck mit und versicherte den Gastgebern sein Wohlwollen, ohne indes Versprechungen zu machen. Als Andenken wurde ihm »eine Mappe mit vorgedruckter Widmung, enthaltend Bilder und Aufnahmen von Engelport, Südwestafrika, Geschichte von Engelport« ausgehändigt.

Dernburg war 1909 der Meinung, das Wesentliche für eine Kolonialreform getan zu haben und trat am 12.05.1909 zurück. Sein Nachfolger war der langjährige Unterstaatssekretär Dr. Friedrich v. Lindequist, vormals Gouverneur in Deutsch-Südwest-Afrika. Aber auch er trat schon im November desselben Jahres zurück und wurde von Wilhelm Solf nachgefolgt. Als das Amt bald darauf aufgelöst wurde, wurden die Interessen von dem Reichskolonialministerium wahrgenommen, wo uns wieder der Staatssekretär v. Lindequist begegnet. Als solcher stattete er Engelport zusammen mit dem Referenten in der »Landwirtschaftlichen Abteilung«, Geheimrat Dr. Busse, am 05.09.1911 einen Besuch ab. Wieder wusste man dort bestens zu improvisieren: »Die Sache lief wie die ... im Jahre 1907 geschilderte. Eingerichteter Hörsaal, mit Büchern, Zeichnungen, Lehrmaterial etc., für seine Exz. übernahmen die Führung P. Prov. Kassiepe und P. Provinzprokurator Hauersperger, für Dr. Busse P. Sup. Stehle und P. Ökonom Helmer. Die Folge dieses Besuchs war die Einrichtung eines richtigen Fortbildungskursus für unsere Brüder im Winter, da P. Provinzial der Regierung gegenüber und auch im Interesse der Ausbildung unserer Brüder die Komödie einer Kolonialschule nicht mehr mitmachen wollte. Beide erhielten ebenfalls eine Ansichts-Mappe, wie im Jahre 1907 Dr. Conze.«

Mit der Fortbildung wurde tatsächlich am 07.11.1911 begonnen und zwar vorerst eine Stunde pro Tag von 17:00 bis 18:00 Uhr. Von Dezember bis Februar kam dann noch eine ¾ Stunde morgens hinzu. Der Unterricht wurde von den Patres Hauersperger, Stehle und Helmer übernommen. Ferner gaben Kurse der Oberförster Künster aus Treis (4-5 Vorträge), Dr. med. Schulte aus Treis über Hygiene und Erste Hilfe, dann der Wanderlehrer Lipphaus aus Cochem über Vieh und Landwirtschaft. »Besonders die jüngeren Brüder, Postulanten und die draußen in den Fortbildungsschulen den Drang zu weiterer Ausbildung sich angeeignet hatten, waren sehr eifrig und hatten viel Freude am Unterricht,« der sehr praxisorientiert war.

Bei aller Arbeit kam aber auch die Freizeit nicht zu kurz. »Musik und Gesang blieben auch wie bisher in Ehren«. 1910 verfügte das Kloster über immerhin 1 Cello, 6 Zithern, 2 Flöten, 6 Violinen, 1 Gitarre, 1 Mandoline, 1 Glockenspiel von 50x30 cm und 2 Klarinetten. Für die Messe war ein großes Harmonium mit Hebel und Pedalen (1,25x0,77x1,22) vorhanden und zum Üben ein kleines Harmonium von 80 cm Länge. Was noch fehlte, war ein Dirigent. Das Cello war eine kleine Kostbarkeit und stammte von einem Geheimrat Jung aus Neustadt/ Schlesien, war 1,20 m lang und trug innen zwei Zettel mit den Aufschriften: »Sebastian Rauch me fecit, Wratislaviae 1766« und »Repariert von F. Freund in Neisse 1837«. In der Vorweihnachtszeit oder zur Fastnacht wurden Theaterstücke einstudiert, mit viel gutem Willen »aber mäßig«. Natürlich wurden auch patriotische Feiern, wie des Kaisers Geburtstag am 27.01. und der Jahrestag der Erhebung Preußens am 13.03., in dem Jahresbericht gebührend erwähnt.

Hinzu kamen Tagesausflüge und kleinere Ausflüge an Sonntagnachmittagen. Am 14.06.1912 besuchte man beispielsweise Kloster Ebernach und nutzte diese Tour zugleich zur Fortbildung. Für den 14.10.1912 hatte Pastor Haubrich als Vorsitzender des Winzervereins zu einer Fortbildungsveranstaltung nach Pommern eingeladen. Ob aber Fischen, Radfahren, Schwimmen, Reiten und Leibesübungen tatsächlich in dem Maße angeboten wurden, wie es die Jahresberichte glauben machen wollen, bleibt dahingestellt.

Es ist erwähnenswert, dass auch die jungen Brüdernovizen einen zweijährigen Wehrdienst zu absolvieren hatten. Den Steyler Missionaren war es zwar gelungen, einige Ausnahmen zu erwirken, es lohnte aber kaum die Mühe, entsprechende Anträge zu stellen. Außerdem kamen die Laienbrüder schließlich »geschliffen« vom Militär zurück. Mancher hatte aber auch Glück. So wurde Br. Kleemann nach nur drei Wochen am 01.11.1907 mit der Diagnose »fließendes Ohr« vom Militär entlassen.

Angesichts des Krieges verzichteten die Oblaten 1914 auf die finanzielle Unterstützung durch den Staat und am 06.08.1919 teilte die Regierung mit, »daß die Kolonialschule als nicht mehr bestehend angesehen werde«.



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