Im Jahre 1816 hatte der am 03.12.1995 heilig gesprochene Eugen von Mazenod in Aix
(Südfrankreich bei Marseille) eine Priestergemeinschaft gegründet. Sie hatte das Ziel,
Volksmissionen durchzuführen, und schon bald war die Missionierung in aller Welt
(Heidenmission) Zielsetzung.
1826 bestätigte Papst Leo XII. diese Gemeinschaft und nannte sie »
Oblati Mariae
Immaculatae« (Oblaten der Makellosen Jungfrau Maria, kurz OMI). Schon bald waren
die Missionare der schnell wachsenden Kongregation weltweit tätig (1831 Schweiz,
1837 England, 1841/44 Kanada, 1847 Sri Lanka (Ceylon), 1850 Afrika, 1853 USA, 1858
Mexiko, 1856 Irland), und 1895 konnte die Deutsche Ordensprovinz gegründet werden.
Aufgrund eines Regierungsdekretes vom 19.03.1880 mussten in Frankreich viele Kongregationen
ihre Kommunitäten auflösen. Davon waren auch die Oblaten betroffen. Sie fanden Zuflucht
in Metz (Volksmissionshaus St. Ulrich; damals Deutschland) und Holland (bis 1883 in Heer,
dann Valkenburg; Juniorat St. Karl und Noviziat St. Gerlach). Von Holland aus wurde dann
später die Deutsche Ordensprovinz gegründet. Bis dahin war die Situation für geistliche
Orden in Deutschland im 19. Jahrhundert nicht gerade förderlich gewesen.
Nachdem die Regierung in Berlin 1887 eine Niederlassung der Oblaten in Deutschland
genehmigt hatte, wurde P. Simon Scharsch – der spätere Superior Engelports – erster
Provinzial der Deutschen Ordensprovinz. Zu ihr gehörten neben der noch zu erfolgenden
Neugründung in Hünfeld auch die Einrichtungen in Holland und Elsass-Lothringen. Am
17.03.1896 begann man schließlich mit dem Bau des deutschen Mutterhauses, dem Bonifatiuskloster
in Hünfeld, nach dem der Orden in Deutschland heute oft Hünfelder Oblaten genannt wird.
Die staatliche Genehmigung war übrigens nur möglich geworden, weil das Haus Missionare
für die damalige Kolonie Deutsch-Südwestafrika – heute Namibia – ausbilden sollte.
Diesem Umstand ist letztendlich auch die Neugründung Engelports zu verdanken.
Schon nach wenigen Jahren suchte man eine weitere Niederlassung in Deutschland,
allerdings für Volksmissionen, da das Haus in Arnheim (Holland) geographisch ungünstig
lag und hohe Reisekosten sowie Zeitverlust verursachte. Offiziell sollte dieses Haus
der Ausbildung von Laienbrüdern für die Mission dienen. Der Niederlassung in Engelport
gingen dann mehr als zwei Jahre lang Verhandlungen und Anträge voraus. Am 11.12.1900
begann ein umfangreicher Briefwechsel zwischen dem Provinzial P. Scharsch bzw. P. Hauersperger
und den Rechtsanwälten/ Notaren Rang und Gegenbauer zu Fulda. Im Mittelpunkt stand dabei
zunächst die Frage einer akzeptablen Rechtsform, damit der Antrag überhaupt Aussicht auf
Genehmigung hatte.
Rang empfahl die Form einer Gesellschaft mit unbeschränkter Haftung und orientierte sich
dabei an den Statuten der »
Erwerbs- und Wirtschafts-Vereinigung der Trier. Barmherzigen
Brüder vom hl. Johannes von Gott« vom 04.03.1890 und dem »
Gesellschaftervertrag der
Missionsanstalt vom hl. Herzen Jesu mit beschränkter Haftung (Düsseldorf)« vom 13.08.1896.
Bei einer Genossenschaft hatte der Staat zwar größeren Einfluss und mehr Kontrollrechte,
dafür war aber die Stammeinlage niedriger. Wichtig war auch die Frage der Vererbbarkeit
von Anteilen und die Erbschaftssteuer, denn es sollte ja gesichert sein, dass die
Ordensmitglieder ihre Anteile nicht nach Gutdünken an Außenstehende vererben oder veräußern konnten.
Am 02.04.1901 schickte P. Scharsch einen Entwurf des Antrages an Prinz v. Arenberg.
Darin schreibt er: »
Dieses Missionshaus sollte die Bestimmung erhalten, Laienbrüder
als künftige Kolonisten und besonders als gute Winzer heranzubilden« für Deutsch-Südwestafrika.
Die Rebe gedeihe dort (in Windhuk) sehr gut, so »
daß der Weinbau später eine ergiebige
Einnahmequelle für die Kolonie werden könnte«. Er wies darauf hin, dass die Laienbrüder
sicher »
zu weit größeren Hoffnungen für das Gedeihen der Kolonie berechtigen, als die
Thätigkeit anderer alleinstehender Kolonisten. Unser höchstes Ziel wird es stets sein,
die Heranziehung der wilden Volksstämme zu treuen Bürgern des Vaterlandes, fleißigen
Menschen und guten Christen.« In einem ersten Entwurf war er etwas forscher, ja kritischer
vorgegangen, indem er formuliert hatte: »
Nicht die Ausnutzung des Bodens und des Volkes
ist unser Zweck, sondern die Heranziehung der wilden Volksstämme, und daher die Civilisation
dieser Menschen ...«. Das war ihm aber offenbar doch zu gewagt.
Der offizielle Ablehnungsbescheid vom »
Minister der geistlichen, Unterrichts- und
Medicinal-Angelegenheiten« datiert vom 14.05.1901. Man ging ganz einfach davon aus,
dass das Bonifatiuskloster zu Hünfeld entsprechend erweitert werden könne, um einige
Ordensbrüder im Weinbau auszubilden. In der Folge entwickelte sich eine intensive
Korrespondenz mit dem Notar Gegenbauer, der im Gegensatz zu seinem Kollegen Rang
wegen der individuell zu berücksichtigenden Schicksale eine GmbH bevorzugte. Er wies
z.B. am 09.08.1901 darauf hin, dass es in Preußen Probleme bei der Errichtung eines
Vereins durch geistliche Gesellschaften und Religionsgesellschaften gebe, weil dafür
ein Gesetz erforderlich sei. Der Vorteil der »
Genossenschaft mit unbeschränkter Haftpflicht«
liege u. a. darin, dass bei dem Tod eines Genossen die Übertragung und Vererbung der
Geschäftanteile an die Genossenschaft einfacher sei. Bedenklich seien jedoch die
intensiveren Kontrollen durch den Staat, was in unruhigen Zeiten Probleme bringen und
»
recht unbequem werden« könne. Ferner sei der gegebenenfalls auszuzahlende Geschäftsanteil
zu bedenken. Offenbar konnte Gegenbauer P. Scharsch von seinen Vorstellungen überzeugen,
denn fortan korrespondierte man nur noch mit ihm.
Am 23.08.1901 stellte P. Scharsch also einen neuen Antrag auf Genehmigung einer
Kolonial-Missionschule, denn »
ein eigentliches Missionshaus für Innere Mission wäre
uns niemals genehmigt worden«. Den Begriff Kolonial-Missionsschule hatte der
Reichstagsabgeordnete Richard Müller aus Fulda vorgeschlagen, der ebenso wie Prinz
v. Arenberg von Scharsch in den Prozess einbezogen wurde und Abschriften aller Gesuche bekam.
Der Regierungspräsident bat Scharsch um ergänzende Angaben und um Information darüber,
wie die »
Missionsschule auf landwirtschaftlicher Grundlage« eingerichtet werden solle,
auf welche Schüler welchen Alters sich der Unterricht erstrecken solle und welche
Unterrichtsgegenstände er umfassen werde. Der Provinzial führte aus, dass es sich um
Ordensangehörige handele oder um Novizen, die noch vor der endgültigen Entscheidung stünden.
So erteilte der »
Minister der geistlichen, Unterrichts- und Medicinal-Angelegenheiten«
am 30.02.1902 tatsächlich die bedingungsweise Genehmigung. Er führte aus: »
Mit Rücksicht
auf die hauptsächlich geplante Ausbildung von Laienbrüdern im Weinbau wird als die
geeignetste Gegend zur Errichtung der Niederlassung der Rheingaukreis in der Provinz
Hessen-Naussau anzusehen sein.« Die endgültige Genehmigung hing nun nur noch davon ab,
dass ein geeigneter Ort gefunden wurde. So unternahmen P. Scharsch und P. Kieffer Anfang
August 1902 eine Erkundungsreise in den Rheingau. Der Landtagsabgeordneter Kaute
informierte Scharsch später darüber, dass das Gesuch sowohl vom Landrat als auch vom
Magistrat abgelehnt worden war, weil die dortige Bevölkerung vornehmlich protestantisch
sei. Zudem habe man ohnehin Mangel an Arbeitern und befürchte, dass das Kloster noch
mehr »
absorbieren« könnte. Für eine Genehmigung in überwiegend katholischer Umgebung
stünden die Chancen besser. Es sei denkbar, eine katholische Kolonialschule ähnlich der
Anstalt »
Wilhelmshof« in Witzenhausen an der Werra »
zum Gegensatz oder zur Ergänzung«
zu unterstützen. Dazu bemerkte Scharsch, dass die Ziele der geplanten Einrichtung der
Oblaten natürlich nicht mit der Zielsetzung der Anstalt in Witzenhausen übereinstimmen
könnten, denn »
nicht ein Geschäft wollen wir machen, sondern einzig und allein zum
Besten der Missionen, und deshalb der Kolonie, wirken.« Einen genauen Plan könne er
noch nicht vorlegen, da er zunächst die Stellungnahme der Regierung kennen müsse. Er
schlug aber vor: Die Bildung eines Komitees, das das Unternehmen mit Rat und Tat
unterstützten sollte, und »
ich würde Euer Durchlaucht als den verdientesten Vertreter
der katholischen Interessen in den Kolonien ergebenst bitten, den Vorsitz gütigst
übernehmen zu wollen«. Junge Leute mit dem »
ausgesprochenen Wunsche, sich unter der
Leitung der Ordensleute dem Missionswerke zu widmen« sollten unentgeltlich aufgenommen werden.
Um eine geeignete Rechtsform vorweisen zu können, wurde am 02.10. 1902 eine GmbH geplant
und die Stammeinlage von 30.000 Mark hinterlegt. Aus dem Eintrag ins Handelsregister
wurde aber nichts. Er wurde am 07.10. von dem Königlichen Amtsgericht Hünfeld und dem
Königlichen Landgericht abgelehnt.
Trotzdem liefen die Verhandlungen über den Ankauf des Engelporter Hofgutes im Januar
1903 auf Hochtouren. Dabei zeigte sich der damalige Pommerner Pastor Haubrich äußerst
behilflich. Er hatte Kenntnis von der Angelegenheit bekommen und sich die Neubesiedlung
Engelports und die Unterstützung der jungen Niederlassung gewissermaßen zur Lebensaufgabe
gemacht. Ja, er schaltete sich sogar aktiv in die Verhandlungen mit dem Besitzer ein.
Auch der Trierer Bischof Korum war den Oblaten wohl gesonnen. Möglicherweise hatte
ihn die Teilnahme an der Abschlussfeier der Stadtmission zu Koblenz im März 1898
beeindruckt. Nachdem die Wahl also auf Engelport gefallen war, stellte Scharsch am
06.01.1903 den entsprechenden Antrag und erhielt schon am 14.03. wiederum eine bedingungsweise
Genehmigung für eine Niederlassung. Die endgültige Genehmigung hing diesmal von dem Kauf
ab. Dieser war jedoch zwischenzeitlich am 16.01. getätigt worden. So erfolgte denn auch
schon am 21.03. die endgültige Genehmigung per Erlass des Kultus- und des Innenministers.
Prof. Ernst Philipps versuchte in einem Brief vom 09.01. noch einmal Druck auszuüben.
Er habe P. Scharsch seinen Preis von 60.000 Mark genannt, denn Engelport sei für ihn
»
eben von unbezahlbarem Wert«. »
Offen gesagt ist mir am liebsten, wenn ich Engelport
behalten kann. Ich erkläre also somit den Kauf nicht für abgeschlossen.« Dann einigte
man sich doch wenige Tage später und am 16.01.1903 wurde der Kaufvertrag vor dem
Treiser Notar Ernst Ägidius Wald wirklich geschlossen. Dabei handelte der Treiser
Bürgermeister Ritzler im Namen der Verkäufer, nämlich der Geschwister Ernst Philipps,
Franz Philipps und Alice Klattenhoff. Die Oblaten wurden durch P. Simon Scharsch vertreten.
Offenbar hatten die Verkäufer doch noch nachgegeben, denn der Kaufpreis betrug nur
55.000 Mark. Darauf sollte die vom Käufer zu übernehmende Hypothek der Alice Klattenhoff
in Höhe von 15.000 Mark angerechnet werden. Von dem Rest waren 15.000 Mark sofort
fällig, und das andere Geld sollte in fünf gleichen Jahresraten ab dem 01.01.1905
bezahlt werden und war mit jährlich 4% zu verzinsen. Über den Rest des Kaufpreises
von 25.000 Mark sollte eine Hypothek ins Grundbuch eingetragen werden.
Zwei Tage später schlug Ernst Philipps vor, sämtliche Hypotheken von insgesamt 40.000
Mark auf ihn zu übertragen, damit die Oblaten nur noch einen Ansprechpartner hätten.
Tatsächlich erfolgte die Abtretung der Hypotheken aber an den Bruder Franz Philipps.
Da der Kauf unter dem Vorbehalt der staatlichen Genehmigung zur Niederlassung getätigt
worden war, sah sich der ungeduldige Ernst Philipps am 30.01.1903 dazu veranlasst,
sich mit verschiedenen Fragen an Notar Wald zu wenden. Er wollte wissen, ob der Kauf
für die Oblaten bindend sei, ab wann die Zinsen zu rechnen seien; denn er beanspruche
sie ab dem Tag der Unterschrift, wie es mit der Genehmigung der Niederlassung stehe
und ob er nicht notariell eine Erlaubnis zum Fischen festlegen lassen könne. Am 28.02.1903
beschwerte er sich dann darüber, dass er wegen des Zinstermins schon sechs Wochen lang
hingehalten werde.
Vom 16.04.1903 liegt ein Grundbuchauszug des Engelporter Gutes von insgesamt
15 ha, 97 a und 50 m
2 mit einem Reinertrag von 102 Talern, 58 Pf vor. Am 20. Mai wurde schließlich
P. Scharsch als Eigentümer in das Grundbuch von Mörsdorf und am 25. in das von Treis
(wegen der Fankeler und Treiser Güter) eingetragen. Im Juli 1904 nahmen die Oblaten
bei der Landesbank der Rheinprovinz in Düsseldorf eine Darlehenshypothek über 50.000
Mark auf, die am 13.07. in die Grundbücher von Treis und Mörsdorf eingetragen wurde.
Dieses Fenster schließen